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In die Toskana

Heute verlassen wir die Amalfitana und unsere hübsche Stadtwohnung und brechen auf zur letzten Etappe unserer Italienrundreise 2022. 

Die Toskana wird in vielerlei Hinsicht ganz anders werden als der bisherige Urlaub. Kein Meer, kein Strand; unser Quartier ist weit davon entfernt. Stattdessen Städte mit langer Geschichte und reich an Sehenswürdigkeiten. Ein bisschen Bange haben wir vor der Hitze. Werden wir Florenz überhaupt besuchen können?

Aber erstmal weiter mit den Kontrasten: Auch unsere Unterkunft ist ganz anders als alle anderen davor. Von Pistoia aus schlängelt sich die Straße einen der hier zahlreichen bewaldeten und mit Olivenhainen bewachsenen Berghänge hoch. Zwei Dörfer und einige Engstellen später erreicht man einen kleinen asphaltierten Weg, der steil von der Straße abzweigt. Ein bisschen abenteuerlich, zugegeben, aber man kommt dennoch gut mit dem Auto runter. Es erwartet uns ein altes, großes Bauernhaus mit einer überwältigenden Aussicht auf das ganze Tal und die Stadt Pistoia. Susanna zeigt uns unsere Wohnung und den Pool; endlich mal einer, der diese Bezeichnung wirklich verdient hat. 

Der ursprünglich Teil des Hauses ist über 800 Jahre alt und war einst ein Turm zur Bewachung des Tals. Auch Pistoia haben die Medici einst beherrscht, aber erst dreihundert Jahre, nachdem dieser Turm errichtet wurde. 

Suzanna und Enrico betreiben die Agricultura als Pension und mit dem Anbau von Oliven. Es werden drei verschiedene Sorten von Oliven angebaut. Das Öl wird in einer Ölmühle im Ort gepresst, die sich alle Bauern in der Gegend teilen. Seit April hat es nicht nennenswert geregnet, noch sieht man es den Bäumen nicht an. Aber die Tiere lechzen nach Wasser und Abkühlung. Am deutlichsten merkt man das den Bienen an; sie sitzen in Scharen auf den nassen Badesachen, besetzen jeden Wasserfleck, der zu Boden getropft ist. In Matteos Badehose hat sich auch eine verirrt, und sticht zu. Wir flüchten vorerst vom Pool, ein wenig Kühlen lindert schnell den Stich. 

Abends nehmen uns Enrico und Susanna mit zu ihren Tieren. Ziege Dora bekommt als erste ihr Futter. Sie ist sehr scheu und flüchtet hinter ihren Stall, aus der Hand fressen möchte sie lieber nicht. Hugo und Isotta sind da wesentlich zutraulicher, ja geradezu gefräßig! Hugo ist das letzte verbliebene Schaf einer Herde von einst fünf Tieren; seine Brüder und Schwestern haben die Wölfe gerissen. Ja, tatsächlich gibt es hier Wölfe, vor allem im Hinterland des Nationalpark Appenin. Hier hinter Pistoia beginnen die Berge; weiter Richtung Norden sind sie bis über 2000 Meter hoch. Außer wenigen kleinen Straßen und  fast vergessenen Dörfern gibt es zwischen hier und Modena nichts mehr.
Aber Hugo muss sich nicht fürchten: Jeden Abend geht er gemeinsam mit Esel Isotta in den Stall weiter unten am Hang. Isotta ist groß, eine spezielle Eselrasse aus Sizilien, Hugo ist klein und dick. Die beiden sind ein lustiges Gespann!  Eine Tierfreundschaft wie sie sich kein Geschichtenerzähler schöner ausdenken könnte. 

Die Stalltür ist verriegelt, wir treten den Rückweg nach oben an. Kater Poldo begegnet uns im Obstgarten. Er sei sehr scheu, sagt Enrico. Wir werden trotzdem versuchen, ihn anzulocken - mit einer Ration von dem Trockenfutter, das bisher den Streunern vorbehalten war. 

Es wird langsam dunkel, man sieht schon die vielen Lichter der Stadt. Enrico hat uns verraten, dass sich zu dieser Zeit im Olivenhain unter einem Birnenbaum immer eine Rehmutter mit ihren Jungen aufhält; sie naschen von den wegen der Trockenheit bereits jetzt herabfallenden, unreifen Birnen. Und tatsächlich können wir sie von oben aus entdecken. Als sie uns dann bemerken, verlassen sie ihren Platz und unser Blickfeld. 

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