Die Wunder der Natur erleben. Dafür sind wir hier. Genau das haben wir uns erhofft, als wir uns für die zweitägige Tour durch den Corcovado Nationalpark entschieden haben.
Aber die Natur ist kein Theater, sie garantiert dir kein Spektakel, selbst wenn du dafür bezahlst.
An diesem Morgen müssen wir sehr früh raus. Unser Boot in den Corcovado wird um sechs ablegen. Zum Frühstück hat die Chefin Pancakes gemacht und trotz der frühen Stunde hauen wir kräftig rein.
Am Strand treffen wir Donny, unseren Führer für heute und morgen. Wir können noch nicht wissen, welches Glück wir mit ihm haben. Wir werden bald erfahren, dass er ein ganz besonderes Gespür für die Natur hat.
Auf den anderthalb Stunden wilder Bootsfahrt die Küste entlang machen wir Bekanntschaft mit den ersten Buckelwalen der Saison. Nachdem wir den Eingang des Nationalparks erreicht haben, schlüpfen wir in unsere Schuhe und machen uns auf den Weg auf eine gut einstündige Wanderung in der Nähe der Küste. Donny zeigt uns und drei anderen Touristen schon hier, welchen Reichtum der Corcovado besitzt. Erste exotische Vögel sind im Dickicht zu sehen und am Ufer des Rio Claro dürfen wir einen Tapir bewundern. In der Ferne sind die Rufe der Brüllaffen zu vernehmen und ein Faultier schläft ganz hoch oben im Geäst eines Baumes.
Einen Großteil seines Lebens verbrachte unser Guide Donny im Urwald: Als Nachkomme des indigenen Volkes hier hat er schon von seinem Großvater den Umgang mit der Natur gelernt. Während des Studiums und danach war er damit betraut, Fotofallen zu installieren und zu überwachen, vor allem um Jaguare zu erforschen. Lange Zeit hat er auch in Brasilien im Amazonas und im Pantanal verbracht. Er führt nicht nur Touristen durch den Dschungel sondern auch Professoren und Schulklassen. Wir werden viel von ihm lernen heute und morgen. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass die kleine Osa-Halbinsel zweieinhalb Prozent der gesamten Arten weltweit beherbergt! Costa Rica besitzt deren fünf und in Brasilien sind es zehn Prozent aller Tiere und Pflanzen. Beeindruckend vor allem, wenn man sich überlegt, wie klein Costa Rica und erst recht Osa im Vergleich zu Brasilien sind.
Es ist nun später Vormittag. Zurück am Parkeingang schnappen wir uns unser Reisegepäck und ziehen los zur Sirena Rangerstation. Alle haben ein gewaltiges Loch im Bauch und freuen sich auf ein landestypisches Mittagessen. Nach der Mittagspause verlassen die meisten Touristen Sirena wieder. Wer nur diesen einen Tag gebucht hat, fährt jetzt bereits mit dem Boot zurück zur Drake Bay. Und verpasst definitiv das Beste. Wir bleiben über Nacht, Matteo und Madita haben in der Pause schonmal die Doppelstockbetten im Schlafsaal ausprobiert.
Von nun an sind wir vier mit Donny allein unterwegs. Es ist fantastisch! Besser hätte es nicht kommen können. Das Wetter hält auch, obwohl sich immer wieder Regenwolken zusammenbrauen. Im Regenwald ist eine Wettervorhersage quasi unmöglich und man muss nehmen, was kommt. Unser Guide hat sich eine Wanderung durch den wiederaufgeforsteten Teil des Waldes überlegt. Es wird sehr matschig werden, wäre das ein Problem? „No!“, kommt es einstimmig zurück.
Regenwälder brauchen lange, um sich selbst wiederherzustellen, dort wo sie einst verschwunden waren. Und deshalb kann man diesen Sekundärwald hier an der Art und Höhe der Bäume und der Dichte des Bewuchses auch gut vom Urwald unterscheiden. Den gibt es hier auch, aber wir werden ihn erst morgen zu sehen bekommen.
Es gibt so vieles zu berichten von diesem Tag! Wir haben nahezu alle Tiere gesehen, die wir uns erträumt hatten. Drei der vier Affenarten, besonders beeindruckend für mich waren die Klammeraffen; Fledermäuse, riesige Schmetterlinge, ein Ameisenbär, viele farbenprächtige Vögel, Blattschneiderameisen und vieles vieles mehr. Eine riesige Gruppe Nasenbären, die scheinbar keine Notiz von uns nimmt, ist der krönende Abschluss des Tages. Direkt vor unseren Augen graben sie Krabben tief aus dem Boden aus, um sie prompt zu verschlingen.
Die anrührendste unter allen Begegnungen mit der Tierwelt des Corcovado aber war eine schlafende Tapirmutter mit ihrem Baby. Als Donny plötzlich völlig unvermittelt vom Weg abbog, war mir klar, dass er etwas Besonderes aufgespürt hatte. In sicherer Entfernung stellt er sein Fernglas auf und wir können mitverfolgen, wie das Kleine bei seiner Mutter trinkt. Mama Tapir ist völlig entspannt, nur ihr gleichmäßiges Schnaufen dringt zu uns herüber.
Mit schlammigen Füßen und um unzählige Erlebnisse reicher kehren wir zurück zur Rangerstation. An diesem Abend ist keiner mehr lange wach, nach dem Essen verschwinden wir hinter unsere Moskitonetze und schlafen schnell ein.
Am nächsten Tag war vor dem Frühstück eine kleine Nachtwanderung geplant. Daraus wird aber nichts, weil wir keine starken Taschenlampen dabei haben. Etwas blauäugig dachten wir bei unserer Reiseplanung, dass die Handylampen schon reichen würden. Aber nicht im stockdunklen Urwald, meint Donny; wir gehen um 5:20 Uhr los, denn da dämmert es bereits und wir sehen, wo wir hintreten.
Spinnenartige Skorpione zeigen sich jetzt an vielen Baumstämmen, die Kinder ekelt es etwas.
Nach einer Weile gelangen wir wieder zum Strand. Madita möchte gerne frühstücken, aber nicht bevor wir die Fußspuren eines ganz besonderen Räubers entdeckt haben: Ein Puma muss nachts hier am Wasser auf der Pirsch gewesen sein.
Unsere Nasenbärfamilie von gestern hat unterdessen auch ausgeschlafen und klettert von ihrem Schlafbaum herab. Gut geschützt in luftiger Höhe hat der samtene Jäger ihnen in dieser Nacht nichts anhaben können. Schön dass wir die kleinen putzigen Gesellen noch einmal sehen dürfen.
Wieder gestärkt und bei frischen Kräften verschlägt es uns nach dem Frühstück in den alten Urwald. Es wird noch einmal um einiges matschiger als gestern. Klar dass die Wildschweine genau hier zu finden sind. Wir bestaunen Urwaldriesen von fünfzig Metern Höhe und lernen viel darüber, wie und warum die Pflanzen hier so gut gedeihen.
Als wir dann um die Mittagszeit gemeinsam mit Guide Donny Sirena ein letztes Mal verlassen, neigen sich zwei Tage im Paradies dem Ende zu.
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Opa Steffen (Dienstag, 29 Juli 2025 08:33)
Das scheint ja Abenteuer pur zu sein. Natur, Land und Leute unverfälscht.
Diese Eindrücke vergisst man nicht.
Aber für Opa mit dem vielen Getier Spinnen etc. wäre das wahrscheinlich nichts.
Viel Spaß noch !!
Zillmann astrid (Dienstag, 29 Juli 2025 08:46)
Eine echt interessante Tour durch den Dschungel - wir haben uns ganz begeistert angeschlossen, die Fotos angesehen, ab und zu etwas gegruselt und dolle gefreut, dass ihr es so gut getroffen habt. Donny finde ich auch ganz stark - ein cooler Typ/ Naturmensch - meine Hochachtung!
Weiterhin gute Reise und viele kleine und große Abenteuer - liebe Grüße nach Costa Rica!!
Andi (Dienstag, 29 Juli 2025 17:48)
Mittendrin statt nur dabei������