Nach diesem fantastischen ersten Tag in Costa Rica fiebern wir alle bereits dem nächsten Ziel entgegen: Heute werden wir zur Drake Bay fahren, unserem Ausgangspunkt für zwei Tage Wandern durch den Corcovado Nationalpark.
Zur Regenzeit ist die Bucht auf der Osa Halbinsel mit dem Auto nicht zu erreichen. Fast alle Abenteuerlustigen sind auf eine mindestens einstündige Fahrt mit dem Boot angewiesen. So auch wir.
Unser Boot hätten wir aber beinahe verpasst. Weil man uns schlichtweg vergisst. Am Bootsanleger in Sierpe herrscht für deutsche Verhältnisse ein bisschen Chaos. Mich beunruhigt das zunächst nicht, haben wir dem Operator doch mehrfach gesagt, in welche Herberge wir in Drake wollen. Außerdem stehen wir unübersehbar ganz vorn.
Nach und nach werden die Touris aufgerufen, Hotel für Hotel. Das erscheint doch gut organisiert, oder? Unseres jedoch ist nicht dabei, sollten wir vielleicht doch unruhig werden? Als das letzte volle Boot davontuckert, bin ich immer noch fest davon überzeugt, dass noch ein weiteres ablegen wird.
Ines reicht es jetzt und sie fragt erneut und mit Nachdruck nach. Der Chef stutzt, wendet sich zum Wasser und pfeift laut dem letzten Boot hinterher, das nun schon hundert Meter entfernt den Fluss hinunter geschippert ist. Ja, das ist unseres!
Voll bedeppert stehen wir vier auf dem Steg und sehen zu, wie das Boot wenden muss, um uns auch noch aufzunehmen. Den Kindern ist es mindestens genauso peinlich wie uns, weil uns alle anderen anstarren wie vier Clowns bei einer Zirkusnummer. Naja, war ja nicht unsere Schuld! Und zum Glück kriegen wir das Boot überhaupt noch.
Ob es daran lag, dass wir vorher online gebucht hatten, kann am Ende keiner sagen. Irgendeine Liste scheint wohl unvollständig gewesen zu sein.
Auf dieser Seite der Osa-Halbinsel ist Drake der Ausgangspunkt für alle Touren in den Corcovado Nationalpark. Es ist der einzige Ort hier. Alle Touristen steigen in Drake oder in den umliegenden Unterkünften aus. Wir haben etwas Einfacheres mitten im Ort gebucht und müssen uns erst daran gewöhnen, dass sich unser Zimmer in einem landestypischen Haus befindet. Alles ist sauber und ordentlich, also kein Problem. Die Vermieterin ist eine freundliche Frau mittleren Alters, ihr Mann holt uns vom Boot ab und fährt uns zur Unterkunft. Sie haben eine Tochter und einen Sohn, die etwas älter als Matteo und Madita sind. Am Tag unserer Abreise sehen wir sie noch einmal in Schuluniform zur Schule starten.
Und wie ist der Ort Drake so? Nun, wir sind halt in Mittelamerika, nicht in Zentraleuropa. Die Straße, die den Berg hinauf durch den Ort führt, ist nicht befestigt. Die Behausungen sind einfach, die Dächer vorwiegend mit Wellblech gedeckt. Motorräder und alte Pickups knattern den Berg hoch. Auf jedem fünften Grundstück steht ein angefanges, nie fertig gebautes Haus. Und zwischendrin laden Restaurants jeglicher Preisklasse zum Essen ein. Man sieht wenig Müll, darauf geben sie acht hier.
Am langgezogenen Strand der Bucht sieht man nur viel natürlichen Unrat herumliegen: Kokosnüsse, viel Treibholz und Blätter. Während der Regenzeit fällt viel davon an, der heftige Regen und die Gezeiten tragen dazu bei. Es macht sich keiner die Mühe, täglich zusammenzukehren. Wozu auch?
Der Sand am Strand ist recht dunkel, er ist vermutlich vulkanischen Ursprungs.
Wahrscheinlich haben wir uns das alles etwas anders vorgestellt. Aber warum eigentlich? Und warum sollte man im Urlaub irgendwo anders auf dieser Erde immer alles mit europäischem Maßstab messen?
Wir hatten eine schöne Zeit in Drake und sehen spätestens nach unserer Rückkehr aus dem Corcovado am Vorabend unsere Abreise den Ort und seine Leute mit anderen Augen als noch vor zwei Tagen.
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